Offener Brief von Schulleiter:innen an BM Polaschek
Schulische Führungskräfte zunehmend mit administrativen Tätigkeiten beschäftigt, die auch Hilfskräfte ausüben könnten. Öffentlicher Hilferuf von Schulleiter:innen an das Ministerium.
In einem Studienprojekt, finanziert vom Österreichischen Wissenschaftsfond[1] befragten Wissenschaftler:innen der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion Wien 40 schulische Führungskräfte in Fokusgruppen zum neuen Qualitätsmanagement Schule (QMS). Insbesondere wurde die Frage „Was würden Sie sich von der Politik wünschen, damit Sie wirksamer an der Qualitätsentwicklung in Ihrer Schule arbeiten können?“ lebhaft in den Fokusgruppen diskutiert. Die Antworten darauf finden sich nun in einem offenen Brief, den alle mitwirkende Schulleiter:innen an Bundesminister Martin Polaschek richteten. Der Brief wurde am 30. März dem Ministerium übergeben. Reaktion gibt es bis jetzt darauf noch keine. Das Schreiben ist HIER zum Download verfügbar.
Ernüchternde Studienergebnisse
An der qualitativ durchgeführten Studie nahmen 33 weibliche und 7 männliche Führungskräfte aus dem Schulbereich teil. 32 Personen waren Schulleitungen von öffentlichen und privaten Schulen, acht Personen sonstige Führungskräfte im Schulbereich. Die zentralen Studienergebnisse sind:
- Die zeitlichen Ressourcen der gut ausgebildeten Schuldirektor:innen werden oft dermaßen intensiv durch administrative Tätigkeiten beansprucht, dass für zentrale Führungsaufgaben viel zu wenig Zeit bleibt. Dies war auch berets vor der Pandemie so der Fall.
- Der Beruf eines Schuldirektors/einer Schuldirektorin ist aktuell so unattraktiv, dass es oftmals keine oder zu wenige Bewerbungen für ausgeschriebene Leitungsstellen gibt. Es existieren kaum Anreize für junge dynamische Lehrkräfte, Verantwortung als Schulleiter:in zu übernehmen
- Schuldirektor:innen klagen über einen zu engen Handlungsspielraum, um wirksam zu führen zu können.
Wünsche an die Politik
Die interviewten Führungskräfte ersuchen daher die Politik mit Nachdruck:
- Wege zu finden, den administrativen Aufwand von Schulleitungen durch Unterstützungspersonal zu vermindern
- Die Einführung eines mittleren Managements, das in vielen Ländern einen wichtigen Treiber von Schulqualität darstellt
- Die Attraktivierung des Berufes „Direktor/Direktorin“ und die Einführung eines eigenen Dienstrechtes, damit sich auch die besten Köpfe um ausgeschriebene Stellen bewerben
- Mehr reale Autonomie und unbürokratischen Handlungsspielraum für die Gestaltung des Schulalltags
Studienleiter Priv.-Doz. HS.-Prof Mag. Dr. Roland Bernhard meinte im Zusammenhang mit der Befragung: „Wir wissen aus vielen wissenschaftlichen Studien, dass die Schulleitungen einen sehr großen Einfluss auf die Lernergebnisse von Schüler/innen ausüben. Es ist für die Qualitätsentwicklung in unserem Schulsystem daher von größter Wichtigkeit, dass wir gut auf das hören, was uns die Direktor:innen zu sagen haben und dass wir ihre Perspektiven an den relevanten Stellen entsprechend positionieren.“
Übermittelt wurden die Studienergebnisse und der offene Brief an Bildungsminister Martin Polaschek seitens des Rektors der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule, Christoph Berger, der den Minister zugleich zu einem Arbeitsgespräch über das Thema einlud. „Ich bin davon überzeugt, dass eine Berücksichtigung dieser Studienergebnisse für die weitere Schulqualitätsentwicklung in Österreich entscheidende Anstöße beinhalten. Sie haben damit das Potenzial, Lebensqualitäten an der Schule und damit letztlich auch die Lernerfahrungen und -ergebnisse unserer Schüler:innen nachhaltig zu verbessern“, unterstreicht Rektor Berger.
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Die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Wien/Krems ist Österreichs größte Private Pädagogische Hochschule mit sieben Standorten in Wien und Niederösterreich. Das gemeinsame Konzept der Erstausbildung, Fort- und Weiterbildung soll Lehrer*innen in ihren pädagogischen und religionspädagogischen Berufsfeldern bestmöglich qualifizieren und professionalisieren. Im Sinne einer ökumenischen Perspektive fördert und lebt die KPH Wien/Krems die Kooperation der sieben an der Hochschule vertretenen christlichen Kirchen (Katholische Kirche, Evangelische Kirche A. und H.B., Griechisch-Orientalische Kirche, drei Orientalisch-Orthodoxe Kirchen sowie Altkatholische Kirche) bei gleichzeitiger Wahrung der jeweiligen Identität. Auch zwei katholische Diözesen wirken in der KPH zusammen. Zusätzlich kooperiert sie in der Religionslehrer*innenbildung und im Rahmen der Förderung interreligiöser Kompetenzen mit den Freikirchen, der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der Alevitischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitischen Religionsgesellschaft und der Buddhistischen Religionsgesellschaft. Das breite Lehrangebot der KPH Wien/Krems besteht aus den Lehramtsstudien für die Primarstufe und Sekundarstufe Allgemeinbildung, dem Bachelorstudium Elementarbildung und Kooperationen im Bereich der Religionspädagogik. Darüber hinaus bietet die KPH Wien/Krems ein umfassendes Fort- und Weiterbildungsprogramm, mit Hochschullehrgängen (bis zum Masterabschluss), Fortbildungsveranstaltungen sowie Begleitung bei Schulentwicklungsprozessen. Die KPH Wien/Krems hat derzeit ca. 2.500 Studierende in der Erstausbildung und ca. 1.000 Studierende in Weiterbildungslehrgängen.
[1] Im Rahmen des Projekts School Quality and Teacher Education, P31965