BOKU-Expertin: „Empfehle ein Verbot aller Einweg-Plastiksackerl“
Die Expertin für biologisch abbaubare Kunststoffe an der BOKU, Dr. Ines Fritz, empfiehlt ein Verbot aller Einweg-Plastiksackerl in Österreich, die Nutzung umweltfreundlicher Alternativen und erklärt die EN 13432-Zertifizierung
(Wien, am 2. Oktober 2018) Dr. Ines Fritz, Expertin für biologisch abbaubare Kunststoffe an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), empfiehlt ein Verbot aller Einweg-Plastiksackerl in Österreich. Diesen Vorschlag könne sie auf Basis wissenschaftlicher Fakten begründen. Auch der Obmann des Kompost & Biogas Verbands Österreich und Begründer des breit angelegten Bündnisses für das österreichische Bio-Kreislauf-Sackerl, Hubert Seiringer, fordert ein Verbot. Wie in mehreren Ländern bereits umgesetzt fordern Fritz und Seiringer eine generelle EN 13432-Pflicht und damit rückstandsfreie biologische Abbaubarkeit aller Einweg-Sackerl und Einweg-Tragtaschen. Damit könnten die bis zu 1 Milliarde Plastiksackerl pro Jahr in Österreich bald der Vergangenheit angehören und ein wirksamer Schritt gegen die Plastikverschmutzung wäre geschafft.
Empfehlung auf Basis wissenschaftlicher Fakten: Verbot aller Einweg-Plastiksackerl, stattdessen Nutzung von Mehrweg-Tragetaschen oder biologisch abbaubaren Sackerl
Ines Fritz, Expertin für biologisch abbaubare Kunststoffe an der BOKU, empfiehlt ein Verbot aller Einweg-Plastiksackerl in Österreich. „Meine Empfehlung, die ich sehr gut auf Basis wissenschaftlicher Fakten begründen kann, ist simpel: ein Verbot aller Einweg-Plastiksackerl.“ Die Leiterin der Arbeitsgruppe Umweltmikrobiologie an der BOKU ist Mitglied der Europäischen Normung für biologisch abbaubare Kunststoffe. Fritz plädiert für die Nutzung von Mehrweg-Tragetaschen und sieht auch im vorgeschlagenen Bio-Kreislauf-Sackerl eine Alternative zu herkömmlichen Plastiksackerl. Bei Einweg-Sackerl sei die Zertifizierung „EN 13432“ entscheidend.
EN 13432-Zertifizierung garantiert biologische Abbaubarkeit und hilft Plastikmüll zu vermeiden
„Die EN 13432-Zertifizierung ist für alle Verpackungsmaterialien in Europa möglich. Das Prüfverfahren zu bestehen, ist jedoch nicht leicht“, sagt Fritz. Die BOKU-Expertin erklärt die Voraussetzungen und den Prozess: „Die Überprüfung der Zusammensetzung schließt den Kunststoff, alle seine Zusätze und Bestandteile, sowie Druckfarben und Klebstoffe mit ein. Alle diese Teile müssen frei von Schadstoffen wie Schwermetallen sein und es muss ein vollständiger biologischer Abbau gewährleistet sein. Das Material muss vollständig in CO2, Wasser, Mineralstoffe und in neue mikrobielle Biomasse umgesetzt werden und wird einer Prüfung unter Kompostierungsbedingungen unterzogen. Dabei wird beobachtet und gemessen, ob das Produkt im Kompost während längstens 90 Tagen vollständig zerfällt und ob es die Arbeit des Kompostierens stört. Schlussendlich wird noch geprüft, ob die Kompostqualität beeinträchtigt wurde. Nur wenn das Produkt alle Anforderungen erfüllt, ist eine EN 13432-Zertifizierung möglich. Dieses Produkt ist dann garantiert störungs- und schadstofffrei gemeinsam mit Bioabfall kompostierbar und erzeugt qualitativ hochwertigen Kompost.“
Durch die Verwendung eines Bio-Kreislauf-Sackerls anstatt eines Plastiksackerls sieht Dr. Fritz einen zweifachen Nutzen für die Umwelt: „Es gibt eine Sofortwirkung und eine langfristige Verbesserung unserer Umweltsituation. Kurzfristig wird jedes Bio-Kreislauf-Sackerl, das ein Plastiksackerl ersetzt, den Eintritt von neuem Mikroplastik in unsere landwirtschaftlichen Böden verringern. Auch der Wind verweht Plastik und es sammelt sich in Windschutzgürteln oder in Bächen, Flüssen, Seen und Meeren an. Ein verwehtes Bio-Kreislauf-Sackerl wird hingegen auch auf Böden oder im Wasser vollständig abgebaut und richtet somit keine Umweltschäden an. Dies ist der langfristige Effekt: eine mit den Jahren hoffentlich stetig geringer werdende Umweltverschmutzung mit Kunststoffresten.“
Problemfall Plastikmüll: Bis zu 1 Milliarde Plastiksackerl pro Jahr in Österreich, die rund 12 Minuten genutzt werden
Laut Schätzungen wird ein Plastiksackerl durchschnittlich 12 Minuten benutzt, bevor es im Müll landet. Nur 3 Prozent aller Plastiksackerl weltweit werden wiederverwendet. Ein gewisser Anteil landet in der falschen Mülltonne oder in unserer Landschaft und benötigt zwischen 20 und 500 Jahren, bis es wieder abgebaut ist. Allein in Österreich werden pro Kopf und Jahr laut Zahlen der EU-Kommission 51 Plastiksackerl in Umlauf gebracht. Global 2000 schätzt, dass mehr als 100 Plastiksackerl pro Person verbraucht werden und die Gesamtzahl in Österreich bei zirka 1 Milliarde pro Jahr liegt. Der Schaden für Umwelt, Mensch und Tier ist offensichtlich. Plastik findet sich in den Wäldern, in Gewässern, auf Äckern und als Mikroplastik sogar in unseren Lebensmitteln. Die Chemikalien, die sich aus Kunststoffen lösen können beim Menschen Allergien, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit, Krebs und Herzkreislauferkrankungen auslösen.
Bereits 9.250 Unterstützer der Online-Petition zur Einführung eines österreichischen Bio-Kreislauf-Sackerls
„Die Bundesregierung muss ambitionierter gegen Plastikverschmutzung vorgehen“, fordert Hubert Seiringer, Obmann des Kompost & Biogas Verbands Österreich und Begründer des breit angelegten Bündnisses für das österreichische Bio-Kreislauf-Sackerl. „Freilich ist das Verbot von Einweg-Plastiksackerl nur ein erster Schritt. Aber Plastiksackerl sind ein Teil des Problems und mit dem Bio-Kreislauf-Sackerl steht eine Lösung bereit“, so Seiringer. Bezüglich Plastiksackerl setzt die Bundesregierung bislang auf die freiwillige Selbstverpflichtung einiger großer Handelsketten diese zu reduzieren. Dabei wäre es höchst an der Zeit, eine einheitliche Regelung zu beschließen, appelliert Seiringer.
Eine entsprechende Online-Petition zählt bereits rund 9.250 Unterstützer. Ziel der Petition ist: Alle leichten Knotenbeutel aus der Obst- und Gemüseabteilung sollen bundesweit nur mehr aus einem leicht abbaubaren Kunststoff („OK compost HOME“) bestehen dürfen und mit einem einheitlichen Logo als Bio-Kreislauf-Sackerl für die Bioabfallsammlung gekennzeichnet sein. Zudem soll es eine generelle EN 13432-Pflicht (biologische Abbaubarkeit) für alle Einweg-Sackerl und Einweg-Tragtaschen geben.
Weitere Informationen unter: www.biosackerl.at