Herzinfarkt: Frauen leiden anders
Zonta Golden Heart fordert auf Frauen abgestimmte Therapieprogramme in der kardiologischen Rehabilitation
Frauen werden in der Akutbehandlung und der Rehabilitation nach wie vor gleich behandelt wie Männer, obwohl geschlechtsspezifische Unterschiede wissenschaftlich längst erwiesen sind. Die Mortalität nach einem Herzinfarkt ist bei Frauen höher als bei Männern, in Rehabilitationsprogrammen hingegen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Zonta Golden Heart fordert daher speziell auf Frauen abgestimmte Therapieprogramme zur Bekämpfung der Todesursache Nummer 1 bei Frauen.
Geschlechtsspezifische Unterschiede bereits bei Infarktsymptomen
Frauen sind aktuellen Studien zu Folge in ihrer Symptomatik oft schwerer einzuschätzen als Männer. So klagen ca. zwei Drittel aller Frauen, die einen plötzlichen Herzinfarkt erleiden, vor dem Ereignis über keinerlei typische Herzbeschwerden wie Brust- oder Armschmerzen, Atemnot und Schweißausbrüche. Viel häufiger hingegen treten bei ihnen atypische Thoraxbeschwerden und Symptome wie Übelkeit und Erbrechen sowie atypische Schmerzlokalisationen auf.
„Die Diagnose eines Herzinfarkts ist bei Frauen deutlich schwieriger als bei Männern. Dadurch kommt es bei Frauen häufiger zu Fehldiagnosen mit verspäteter Spitalseinweisung“, sagt Univ.-Prof. Dr. Jeanette Strametz-Juranek, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie an der Medizinischen Universität Wien und Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates von Zonta Golden Heart.
Frauen haben andere Bedürfnisse in der Rehabilitation
In der kardiologischen Rehabilitation werden in der Regel keine Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Patienten gemacht. Die Bedürfnisse der beiden Geschlechter sind in der Rehabilitation jedoch sehr unterschiedlich, erläutert Primaria Dr. Christiane Marko, Ärztliche Leiterin des Rehabzentrums SKA Felbring: „Frauen leiden viel häufiger unter krankheitsbedingten Sorgen und ausgeprägter körperlicher Erschöpfung. Sie zeigen oft eine depressive Verarbeitung der Krankheit durch Grübeleien und Hadern sowie Ablenkungsmechanismen wie z.B. Galgenhumor. All das legt nahe, dass die psychologische Betreuung gerade in der Rehabilitation bei Frauen in Zukunft einen größeren Stellenwert einnehmen muss.“
Viele Frauen wünschen sich außerdem getrennt geschlechtliche Bewegungstherapien, in denen frauenspezifische Körperthemen wie Beckenboden, Venen und Osteoporose stärker berücksichtigt und das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl gesteigert werden.
Best Practice: Erfolgreiches Therapieprogramm mit speziellen Maßnahmen für Frauen an deutscher Klinik
An der deutschen Klinik Höhenried wurde ein speziell auf Frauen abgestimmtes Therapieprogramm entwickelt, das bereits seit 2005 erfolgreich in der Routineversorgung eingesetzt wird. Die Basis des Frauenprogramms bilden Bewegungstherapie, psychologische Betreuung und Ernährungstherapie.
Abgestimmt auf frauenspezifische Mehrfacherkrankungen und geringere physische Belastbarkeit wird in der Bewegungstherapie gezielt das körperliche Selbstvertrauen gestärkt. Das Programm enthält ebenso Schulungen der Körperwahrnehmung, um körperliche Signale sensibler wahrnehmen zu können, wie spezielle Anleitungen für die Umsetzung im Alltagsleben der Frau.
Auch die Maßnahmen der psychologischen Betreuung und die Ernährungsberatung gehen speziell auf die Bedürfnisse von Frauen ein: Frauenspezifische psychosoziale Belastungen und Ängste werden aufgearbeitet, Strategien zur Stressbewältigung und zur Änderung des Lebensstil erlernt. Ein besonderes Augenmerk gilt frauenspezifischen Gewichts- und Ernährungsproblemen (v.a. nach der Menopause) sowie dem Essverhalten unter Stress. Zu allen Maßnahmen gibt es konkrete Praxis-Tipps für die Umsetzung in Familie und Berufsalltag.
Das Frauen-Therapieprogramm der Klinik Höhenried wird generell sehr gut angenommen. Die Zahl der Abbrecherinnen liegt deutlich unter dem Schnitt bei herkömmlichen gemischtgeschlechtlichen Rehabilitationen.
Spezielle kardiologische Rehabilitation besonders für ältere Frauen notwendig
Herzinfarkte betreffen Frauen häufig erst in einem höheren Alter als Männer, da bis zur Menopause Oestrogene als hormonelle Schutzfaktoren fungieren. Das im Alter gehäufte Auftreten von Zusatzerkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen, führt jedoch vermehrt zu Komplikationen im Krankheitsverlauf. Auch die stärkere Ausprägung der typischen koronaren Risikofaktoren wie Diabetes mellitus und Nikotinabusus machen sekundärpräventive Maßnahmen und gezielte Rehabilitation umso notwendiger.
„Im Rehabilitationsprogramm ist es daher auch wichtig, auf die besonderen Bedürfnisse der älteren Frauen stärker einzugehen. Geringere Leistungsfähigkeit und geringere Belastbarkeit im Bewegungsprogramm müssen daher auch in österreichischen Rehabilitations-Programmen für Frauen ebenso berücksichtigt werden wie Gewichtsprobleme nach der Menopause“, so Marko.