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ÖAIE und IHS begrüßen Einführung der Zuckersteuer in Großbritannien und fordern rasche Umsetzung auch in Österreich

Adipositas-Epidemie als „größte gesundheitspolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts“ (WHO) kann nur mit drastischen Maßnahmen bewältigt werden

„Die Tatsache, dass die britische Regierung die Einführung einer Steuer für Getränke, die einen bestimmten Zuckergehalt aufweisen, beschlossen hat, ist als konsequente und zielorientierte Maßnahme einer Prävention von Übergewicht und Diabetes sehr zu begrüßen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE). „Die Gremien der WHO Europa und der EU haben bereits mehrfach die Reduktion des Zugangs zu zuckerhaltigen Getränken und Produkten gefordert und zu diesem Zwecke neben Werberestriktionen und anderen Maßnahmen auch konkret die Einführung von effektiven Steuern verlangt.“ Auch Dr. Thomas Czypionka, Leiter der Forschungsgruppe HealthEcon am Institut für Höhere Studien (IHS) und derzeit dessen geschäftsführender Direktor, erachtet eine derartige Zuckersteuer als sinnvoll: „Eine Besteuerung bestimmter Lebensmittel stellt zunächst einen starken Eingriff in die Privatautonomie dar, und ein solcher muss immer wohlüberlegt und wohlbegründet sein. Im Falle der Steuer auf zuckerhaltige Getränke überwiegen aber wohl die Vorteile.“, so Czypionka. Laut WHO ist die Epidemie des Übergewichtes insbesondere bei Kindern und Jugendlichen äußerst besorgniserregend und wird als die „größte Herausforderung im Gesundheitssystem“ bezeichnet.

Thomas Czypionka, Direktor des IHS © Czypionka
Thomas Czypionka, Direktor des IHS © Czypionka

Bis zu 18 Prozent der österreichischen Kinder fettsüchtig – Tendenz stark steigend: Nur ein Bündel an Maßnahmen kann nachhaltige Trendumkehr bewirken

Im Rahmen des vom Österreichischen Herzfonds mitfinanzierten Präventionsprojektes EDDY des ÖAIE zeigt die Auswertung von Messungen bei 7 bis 9-jährigen Kindern in einer Wiener Volksschule, dass bereits ca. 18 Prozent als adipös (= fettsüchtig) angesehen werden müssen. Ebenfalls nachgewiesen ist, dass 13 bis 17-jährige Jugendliche in Wien ca. 20 Prozent der täglichen Energiezufuhr in Form von zuckerhaltigen Getränken zu sich nehmen.

„Diese alarmierenden Zahlen, die bisher von der Gesundheitspolitik verdrängt wurden, erfordern intensive, nachweisbar wirksame Maßnahmen, die sowohl die Ernährungserziehung der Familien und der relevanten Berufe wie Ärzte und Pädagogen betreffen als auch die Förderung der körperlichen Aktivität der Kinder und Jugendlichen zum Ziel haben“, erläutert Widhalm. „Nur durch ein Bündel von integrierten Maßnahmen, von denen die Preisgestaltung eine sein kann, wird man die Epidemie des Übergewichts und damit die unweigerlich auftretenden Folgeerkrankungen wie Diabetes, Gelenksprobleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch in Österreich zurückdrängen können“, so Widhalm weiter.

Prof. Dr. Kurt Widhalm © Widhalm
Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm © Widhalm

IHS warnt vor Einzelmaßnahmen

Auch das IHS warnt davor, dem Problem mit plakativen Einzelmaßnahmen zu begegnen: „Keinesfalls dürfte eine derartige Zuckersteuer das einzige Instrument bleiben. Studien zeigen, wie wichtig die Vermittlung von Wissen über bzw. Erziehung zu gesunder Ernährung sowie aktive Angebote zu körperlicher Betätigung sind.“, betont Czypionka. „Dies wäre in Familien, Schulen und Betrieben viel stärker als bisher zu verankern. Auch zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Initiativen, die zu gesünderem Verhalten anleiten, können wichtige Beiträge leisten.“