Kurzdarmsyndrom mit Darmversagen: Seltene Erkrankung in Österreich auf dem Vormarsch
Genaue Diagnose ermöglicht Weg zurück in selbstbestimmtes Leben – „Die Chronischen Experten“ bieten kostenlose Helpline für Betroffene und Angehörige
Das Kurzdarmsyndrom (KDS) ist eine bei ÄrztInnen wie auch Betroffenen kaum bekannte, seltene Erkrankung. Ohne korrekte Diagnose und Schulung im Umgang mit der Krankheit führt das Organversagen des Dünndarms zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität, zu dauerhaften Mobilitätseinschränkungen, Depressionen oder Folgeerkrankungen wie Nierenversagen und dauerhaften Nervenschäden bis hin zum Tod – die 10-Jahres-Überlebensrate liegt bei nur 52 Prozent. Die Zahl der Betroffenen nimmt in Österreich jährlich zu. Die Betroffenenvereinigung „Die Chronischen Experten“ initiierte daher eine Helpline, bei der Expertinnen und Experten Betroffene und deren Angehörige im täglichen Umgang mit der Krankheit schulen und beim Weg zurück ins selbstbestimmte Leben unterstützen.
Organversagen verhindert lebensnotwendige Nährstoffaufnahme durch den Dünndarm
„Das Kurzdarmsyndrom ist ein Organversagen des Dünndarms. Wenn statt der üblichen 3 bis 8 Meter eine Mindestlänge des Dünndarms von ca. 1,5 Meter unterschritten wird, kann eine ausreichende Nährstoffaufnahme nicht mehr gewährleistet werden,“ schildert Manfred Nagl, selbst Betroffener und Mitinitiator der Betroffenenvereinigung „Die Chronischen Experten“.
Zu den Symptomen des Kurzdarmsyndroms zählen u.a. massive Durchfälle, Gewichtsverlust und Mangelernährung. Der herrschende Vitaminmangel wiederum kann zu trockener Haut, ekzematösen Hauterkrankungen, Knochenerkrankungen, verminderter Wundheilung, vorzeitigen Alterserscheinungen und einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes führen. Eine von den Chronischen Experten initiierte Untersuchung geht zudem der Vermutung nach, dass auf Grund des Verlusts von Darm eine Veränderung der psychischen Verfassung entstehen könnte, wobei ein Zusammenhang zwischen Darm und Hirn („Darm-Hirn-Achse“) über das Darmmikrobiom und seine Stoffwechselprodukte schon bekannt ist.
Beschwerden können ihre Ursache auch in der notwendigen parenteralen Ernährung – einer Form der künstlichen Ernährung, bei der der Verdauungstrakt umgangen wird – haben, wenn diese nicht optimal auf die Betroffenen abgestimmt ist.
Immer mehr Betroffene in Österreich – Hauptursachen sind Durchblutungsstörungen des Dünndarms, Morbus Crohn mit vielen Operationen wie auch Komplikationen bei Operationen
Offizielle Zahlen über die Anzahl am Kurzdarmsyndrom erkrankten Personen in Österreich gibt es nicht. Schätzungen gehen von rund 300-400 Fällen der seltenen Erkrankung aus. Allerdings kamen allein im letzten Jahr rund 50 neu diagnostizierte Fälle hinzu, was vermuten lässt, dass die Dunkelziffer der selbst bei Ärztinnen und Ärzten kaum bekannten Erkrankung weit höher ist.
In der Regel tritt es auf, wenn ein großer Teil des Darms nach einer Krankheit oder einem Unfall operativ entfernt wurde. Dies geschieht insbesondere bei pathologisch verminderter oder aufgehobener Durchblutung von Teilen des Dünndarms (Darmischämie), chronisch entzündlicher Darmerkrankung (Morbus Crohn) oder in Folge von Operationen mit Komplikationen.
Neue Helpline: „Die Chronischen Experten“ unterstützen beim Weg von der Diagnose bis zum selbstbestimmten Leben
„Wichtig ist, dass das Kurzdarmsyndrom korrekt diagnostiziert wird, die Betroffenen eine spezielle medikamentöse Behandlung erhalten und auch im Umgang mit der Krankheit geschult werden“, sagt Nagl. „Wenn Betroffene dazu bereit sind, sich eine gewisse Expertise beispielsweise bei der künstlichen Ernährung in den eigenen vier Wänden anzueignen, ist es durchaus möglich, mit Kurzdarmsyndrom ein nahezu uneingeschränktes Berufs- und Sozialleben zu führen und auch körperliche Freizeitaktivitäten wie Sport oder Wandern auszuüben.“
Die neu gegründete Helpline von „Die Chronischen Experten“ steht allen Betroffenen und deren Angehörigen zur Verfügung, die bereits eine Diagnose Kurzdarmsyndrom haben oder wo aufgrund einer aktuellen künstlichen Ernährung nach einer Darmoperation die Vermutung besteht, dass es sich um das Kurzdarmsyndrom handeln könnte. Spezialistinnen und Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen (Innere Medizin, Chirurgie, Diätologie) sowie Betroffene mit jahrelanger Erfahrung im Umgang mit der Krankheit geben rasch und kostenlos Antwort auf medizinische Fragen, Therapiemöglichkeiten, Ernährungsfragen, aber auch zu nicht-medizinischen Themen wie Erfahrungen bei Problemstellungen im Alltag und Beruf.
Helpline: www.chronisch.at/KDS-Helpline
Weitere Informationen: www.chronisch.at