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Dermatologie: Neue Wirkstoffe gegen sexuell übertragbare Erkrankungen sowie neuer Therapieansatz für Hautkrebs

ÖGDV zeichnete im Rahmen ihrer Jahrestagung junge Forscherinnen für herausragende wissenschaftliche Arbeiten aus

Die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) zeichnete im Rahmen ihrer Jahrestagung Ende November in Graz junge Forscherinnen für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Dermatologie aus. Agnes Forsthuber erhielt den Heinrich Auspitz Preis für ihre Arbeit zur Bedeutung der Bindegewebszellen bei Hautkrebs. Die neu gewonnenen Erkenntnisse können eine Grundlage für innovative Therapieansätze schaffen und Hautkrebsbehandlungen künftig deutlich effektiver machen. Neue Wirkstoffe gegen sexuell übertragbare Erkrankungen identifizierte ÖGDV-Wissenschaftspreisträgerin Katja Knapp. Zumal herkömmliche Antibiotika aufgrund von Resistenzen bei Chlamydien oft nicht mehr ausreichend wirksam sind, können diese neuen Wirkstoffe in naher Zukunft neue Therapien wie auch eine gezielte Prophylaxe ermöglichen.

Österreichische dermatologische Forschung findet weltweit Beachtung

Mit über 630 Teilnehmer:innen sowie renommierten Sprecher:innen aus dem In- und Ausland – einschließlich USA, Japan, Korea, Frankreich und Italien – stellte die österreichische Dermatologie am modernen Campus der MedUni Graz ihr nationales und internationales Standing mit viel Innovation einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis. Besonders erfreulich ist, dass sich auch auf dieser Tagung wieder eine vielversprechende, hochmotivierte und engagierte „Next Generation“ zeigte, die optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt.

„Kurz auf den Punkt gebracht: Unsere Forscherinnen und Forscher insbesondere auch der jüngeren Generation mit einem hohen Frauenanteil liefern Top-Ergebnisse kontinuierlich in allen Bereichen der Dermatologie. Ich bin sehr stolz, dass auch bei dieser Jahrestagung wieder Forschungsergebnisse präsentiert und prämiert wurden, die weltweit Beachtung finden“, sagt ÖGDV-Präsident Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf.

Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf © feelimage - Matern
Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf © feelimage – Matern

Neue Wirkstoffe gegen Chlamydien ermöglichen Prophylaxe und Therapie sexuell übertragbarer Infektionen

Chlamydia trachomatis sind die häufigsten Erreger von bakteriellen sexuell-übertragbaren Infektionen (STIs) mit beträchtlichen Langzeitfolgen. Im Rahmen einer aktuellen Studie entwickelte ein junges Forscherteam um Katja Knapp einen High-Throughput-Screen, der es erlaubte, neue Wirkstoffe gegen Chlamydia trachomatis zu identifizieren. „Wir konnten zeigen, dass Pentamidin nicht nur die Vermehrung von Chlamydien in vitro hemmt, sondern auch im Mausmodell bei lokaler Anwendung eine gute Wirksamkeit gegen Infektionen aufweist. Außerdem hemmt Pentamidin auch das Wachstum von Neisseria gonorrhoeae, einem weiteren häufigen Erreger von bakteriellen STIs. Aufgrund dieser Entdeckungen folgern wir, dass Pentamidin ein interessanter Kandidat ist, um zur topischen Prophylaxe oder Behandlung von Chlamydien und möglicherweise auch anderen STIs in PatientInnen weiter getestet zu werden“, sagt Katja Knapp, der im Rahmen der Jahrestagung der ÖGDV-Wissenschaftspreis für Ihre in der Zeitschrift Cell Reports Medicine veröffentlichte Arbeit verliehen wurde.

Katja Knapp © Wolfgang Däuble
Katja Knapp © Wolfgang Däuble

Die Publikation ist ein wichtiger Beitrag zur Erforschung neuer Medikamente, die anstatt oder zusätzlich zu bekannten Antibiotika eingesetzt werden können, da sich die Medizin im andauernden Wettlauf gegen Antibiotikaresistenzen befindet. Weiters könnte eine lokal angewendete Prophylaxe, die von jedem und jeder einfach vor oder nach möglichen sexuellen Risikokontakten angewendet werden kann, die Verbreitung von sexuell übertragbaren Infektionen künftig eindämmen.

Neue Erkenntnisse zu Bindegewebszellen ermöglichen innovative Therapieansätze und effektivere Hautkrebsbehandlung

Fibroblasten sind spezialisierte Zellen, die das Bindegewebe aufbauen, indem sie Proteine der extrazellulären Matrix, wie Kollagene, produzieren und organisieren. Dadurch wird das Gewebe stabil und elastisch. Ebenso nehmen Fibroblasten eine wichtige Rolle bei der Wundheilung und Gewebereparatur ein oder aber auch bei der Entstehung von Fibrose. Der Begriff Fibroblasten umfasst allerdings verschiedene Fibroblasten-Subtypen mit unterschiedlichen Funktionen. In einer vorausgegangenen Studie konnten bereits die zwei Fibroblasten-Hauptsubtypen in der menschlichen Haut funktionell näher charakterisiert werden: die papillären Fibroblasten in der oberen Dermis und die retikulären Fibroblasten in der unteren Dermis.

Die Fibroblastendiversität findet sich nicht nur in gesunder Haut, sondern auch in Erkrankungen der Haut, wie beispielsweise in Hauttumoren. Generell sind Fibroblasten ein wichtiger Bestandteil des Tumormilieus solider Tumore. Hier bezeichnet man sie als sogenannte Krebsassoziierte Fibroblasten (Cancer-associated fibroblasts, CAFs), die bei der Krebsentstehung und dem Verlauf, sowie beim Therapieerfolg eine entscheidende Rolle spielen. Die verschiedenen Subtypen der CAFs haben unterschiedliche Funktionen im Tumormilieu und eine gerichtete Therapie gegen einen Subtyp, aber nicht alle Fibroblasten generell, könnte sich positiv auf den Therapieerfolg auswirken.

„In unserer aktuellen Studie “Cancer-associated fibroblast subtypes modulate the tumor-immune microenvironment and are associated with skin cancer malignancy“, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, haben wir die noch wenig beschriebenen Fibroblastensubtypen in drei verschiedenen Hautkrebsarten (Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom und Melanom) mit Hilfe von Einzelzellsequenzierung identifiziert und funktionell näher charakterisiert, sowie in Gewebeschnitten in ihrer räumlichen Anordnung im Tumormilieu beschrieben. Dabei konnten drei große CAF-Typen identifiziert werden: myofibroblastenähnliche RGS5+ CAFs, Matrix-CAF (mCAFs) und immunmodulatorische CAF (iCAFs). Die Dichte der Fibroblasten im Tumorgewebe ist in den aggressiveren Formen jedes Tumortyps (noduläres versus infiltratives Basalzellkarzinom, gut gegen weniger gut-differenziertes Plattenepithelkarzinom, niedrig-gradiges versus hochgradiges Melanom) signifikant erhöht. Die Einzelzell-Transkriptom-Analyse ermöglichte es uns auch, die Wechselwirkung von Fibroblasten mit anderen Zellen, wie Epithel-, Mesenchym- und Immunzellen zu untersuchen“, erläutert Heinrich Auspitz Preisträgerin Agnes Forsthuber.

Agnes Forsthuber © Valeri Angelov.jpg
Agnes Forsthuber © Valeri Angelov.jpg

Zwei dieser Fibroblastensubtypen zeigten immunomodulatorische Eigenschaften, allerdings mit unterschiedlichen Mechanismen. mCAFs, die durch eine erhöhte Produktion von extrazellulären Matrix Proteinen charakterisiert sind, befinden sich überwiegend an der Tumor-Stroma-Grenze. Sie kapseln die Tumornester, insbesondere im Basalzellkarzinom, richtig ab und verhindern so eine Infiltration von T Zellen in die Tumornester. iCAFs hingegen durchziehen die Tumore in Strängen und Nestern. Sie weisen eine erhöhte Produktion von Zytokinen und immunomodulatorischen Molekülen auf und können dadurch die Immunzellkomposition sowie die Immunantwort im Tumormilieu beeinflussen. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung von Fibroblasten, die aus gesunder Haut isoliert wurden, mit dem Sekretom unterschiedlicher Hauttumorzelllinien einen iCAF-ähnlichen Phänotyp hervorruft. Diese in vitro generierten iCAFs hatten das Potential, in einem Co-Kulturexperiment T Zellen zu aktivieren.

„Die in dieser Studie detaillierte Charakterisierung der Zelltypen führt zu einem besseren Verständnis der Tumormikroumgebung, was eine Grundvoraussetzung für eine gezielt gerichtete Therapie ist. Dies ist von Relevanz für die Weiterentwicklung der Hautkrebstherapie, insbesondere im Bereich der Immuntherapie“, sagt Forsthuber. „Die gezielte Behandlung der verschiedenen CAF-Subtypen, insbesondere der immunmodulatorischen iCAFs, könnte den Therapieerfolg erheblich verbessern, indem die Immunantwort verstärkt und die Ausbreitung von Tumorzellen eingeschränkt wird. Diese neuen Erkenntnisse könnten die Grundlage für innovative Therapieansätze schaffen und Hautkrebsbehandlungen deutlich effektiver machen“, so Forsthuber.

Die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) ist eine gemeinnützige medizinische Fachgesellschaft und hat ihren Sitz in Wien. Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der wissenschaftlichen Entwicklung und der praktischen Umsetzung des Fachgebietes der Haut- und Geschlechtskrankheiten einschließlich seiner Spezialdisziplinen; das sind Allergologie, Angiologie/Phlebologie, Dermatohistopathologie, Immundermatologie, dermatologische Genetik, operative Dermatologie, dermatologische Onkologie, Proktologie, dermatologische Kosmetologie, Photobiologie und dermatologische Laser- und Strahlentherapie, dermatologische Labordiagnostik, dermatologische Mikrobiologie, die klassischen Geschlechtskrankheiten und die anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen (STD), physikalische Dermatotherapie, psychosomatische Dermatologie, Umweltmedizin, das Gutachterwesen sowie die Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation im gesamten Gebiet.

Weitere Informationen unter: www.oegdv.at