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Hautkrebs: Neue Therapien erhöhen Überlebensrate signifikant
Im Rahmen einer Pressekonferenz informierte die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) anlässlich ihrer Jahrestagung über neue Therapien des sogenannten „schwarzen“ und „weißen“ Hautkrebses. Diese bewirken eine signifikante Verbesserung der Heilungschancen und werden nun auch bei anderen Tumor-Entitäten (Blasenkrebs, Lungenkrebs u.a.) eingesetzt. Österreichische DermatologInnen zählen zu den Vorreitern dieser internationalen Entwicklung, sie waren an dieser neuen „Therapie-Epoche“ von Anfang an aktiv beteiligt. Die Dermatologie rückt damit insgesamt in ein neues Rampenlicht der gesamten Onkologie. Generell wichtig sind regelmäßige fachgerechte Kontrollen, die zeitnahe Behandlungen ermöglichen.
„Wir sind dankbar und auch stolz auf die jüngsten Entwicklungen der Dermatologie, dass wir Krebs-PatientInnen heute so wirksam helfen können“, berichtet Univ. Prof. Dr. Klemens Rappersberger, Präsident der ÖGDV. „Beinahe niemand muss heute mehr am „weißen Hautkrebs“ sterben. Dieser ist in seinen frühen Phasen der Entwicklung nahezu immer vollständig heilbar. Selbst beim „schwarzen Hautkrebs“, an dem vor noch knapp 10 Jahren Melanom-PatientInnen im fortgeschrittenen Stadium IV (Metastasen in verschiedenen Organen) innerhalb weniger Wochen bis Monate verstorben sind, können wir heute dank der neuen Behandlungsmethoden bei über 50 Prozent der PatientInnen ein 5-Jahres- und längeres Überleben erreichen“, fasst Rappersberger zusammen.
Schwarzer und weißer Hautkrebs
Der schon Jahrhunderte alte Begriff „schwarzer Hautkrebs“ erhielt seinen Namen, da er sich vor allem aus den (dunklen) Pigmentzellen der Haut entwickelt – und deutlich seltener an Schleimhäuten, Netzhaut, Hirnhäuten und anderen Organen.
Der sogenannte „weiße Hautkrebs“ wurde vor einigen Jahren zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Formen bösartiger Hauttumoren eingeführt. Unter dieser Bezeichnung werden verschiedene Hautkrebs-Formen zusammengefasst, die von Epithelzellen ausgehen. In den letzten Jahren hat sich der Begriff des Keratinozytenkarzinoms zur genaueren Definition dieser Tumoren etabliert.
Selbst geübte FachärztInnen haben oft Schwierigkeiten, die beiden Tumor-Entitäten klinisch-makroskopisch zu diagnostizieren, da beide Formen höchst unterschiedlich auftreten können. Zur endgültigen Diagnose ist daher eine histologische Untersuchung immer notwendig.
Weißer Hautkrebs: häufigster Tumor des Menschen
Der weiße Hautkrebs ist der weitaus häufigste Tumor des Menschen. Sein Auftreten nimmt seit Jahren kontinuierlich zu, vermutlich als Folge der individuellen UV-Licht-Aussetzung und einer steigenden Lebenserwartung. Die häufigsten Varianten des weißen Hautkrebses (Keratinozytenkarzinoms) sind das Plattenepithel-Karzinom (ältere Bezeichnung: Spinaliom) und das Basalzell-Karzinom (auch Basaliom genannt). Beide können in weitere verschiedene klinische und histologische Subtypen differenziert werden.
„Das Plattenepithel-Karzinom ist eine sehr häufige Krebsart und kann bei rechtzeitigem Erkennen durch einen Facharzt/eine Fachärztin einfach durch einen chirurgischen Eingriff geheilt werden“, informiert Priv. Doz. Dr. Christine Hafner von der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten am Universitätsklinikum St. Pölten. „Nur bei einem kleinen Teil der PatientInnen gelingt uns das leider nicht“, sagt Hafner. „Die Mortalität des Plattenepithel-Karzinoms der Haut liegt bei 1-3 Prozent“.
Das Plattenepithel-Karzinom entwickelt sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, aber nicht ausschließlich, in UV-belasteter Haut. Betroffen sind vor allem das Gesicht, die Kopfhaut (Glatze bei Männern) und die Handrücken. Plattenepithel-Karzinome an den (Genital)-Schleimhäuten, sind zu einem großen Teil eine Folge von lokalen Hautschädigungen, wie Tabak und Infektionen mit bestimmten humanen Papillom-Viren (HPV). Auch diese entwickeln sich langsam, Frühformen sollten daher rechtzeitig erkannt und behandelt werden.
Basalzell-Karzinome wachsen meist langsam, können aber unbehandelt zu erheblichen lokalen Problemen führen, indem sie in das Weichgewebe und auch umliegende Strukturen einwachsen. Die Metastasierung des Basalzell-Karzinoms ist zum Glück eine ausgesprochene Rarität und wird von manchen Wissenschaftlern überhaupt angezweifelt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der „weiße Hautkrebs“ in frühen Phasen seiner Entwicklung nahezu immer vollständig geheilt werden kann. Wichtig sind regelmäßige fachgerechte Kontrollen, die eine zeitnahe Behandlung ermöglichen. Dank meist recht einfacher und wirksamer therapeutischer Maßnahmen in frühen Stadien des Keratinozytenkarzinoms können so schwere Verläufe verhindert werden. Selbst bei früher inoperablen fortgeschrittenen Tumoren können heute viele Keratinozytenkarzinome dank der Einführung der „Immuntherapie“ mit Checkpoint-Inhibitoren bzw. zielgerichteten Therapien (targeted therapy) sehr gut beherrscht oder sogar geheilt werden.
Schwarzer Hautkrebs: eine der häufigsten bösartigen Tumore Österreichs
Der „schwarze Hautkrebs“, das Melanom, tritt ungleich seltener auf. Doch ist es jener Hauttumor, der am häufigsten tödlich verläuft. Epidemiologische Studien zeigen, dass in Österreich das Melanom zu den häufigsten bösartigen Krankheiten zählt. Bezieht man sich auf die tatsächlich gestellten histologischen Diagnosen, ist das Melanom mit etwa 5.800 Diagnosen pro Jahr der häufigste bösartige Tumor in Österreich. Glücklicherweise werden hierzulande mehr als 80 Prozent der Diagnosen in frühen Stadien der Erkrankung gestellt.
Bei einer Tumordicke unter einem Millimeter können die meisten Betroffenen nach Entfernung des Tumors guten Gewissens davon ausgehen, dass kein weiteres Fortschreiten, insbesondere keine Entwicklung von Metastasen zu befürchten ist. Dennoch sind für diese PatientInnen regelmäßige Kontrollen in genau definierten Intervallen ein absolutes Muss. Bei Tumoren mit einer größeren Eindringtiefe von einem Millimeter besteht bereits ein erhöhtes Risiko für ein weiteres Fortschreiten der Krankheit: Je tiefer der Tumor in das Gewebe vorgedrungen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer Streuung von Tumorzellen in Lymphknoten oder andere Organe.
„Wir wissen immer mehr über die molekularen Grundlagen der verschiedenen Subtypen von Melanomen“, erklärt Univ. Prof. Dr. Mathias Schmuth, Vizepräsident der ÖGDV und Direktor der Univ. Klinik für Dermatologie und Venerologie, Innsbruck. „Dieses Wissen bauen wir aus, indem wir die Genetik des Melanoms in verschiedenen geographischen Regionen mit unterschiedlicher UV-Belastung und anderen Umwelteinflüssen vergleichen“, berichtet Schmuth von den Arbeiten in einer aktuellen Studie. „Die Ergebnisse werden wir nutzen, um für unsere PatientInnen die richtige individualisierte Therapieoption auszuwählen.“
Mehr als 80 Prozent aller Melanome werden in Österreich von niedergelassenen DermatologInnen diagnostiziert und entfernt, nur ein kleiner Teil dagegen in den Krankenhaus-Abteilungen. Dennoch stellen onkologische PatientInnen an den meisten Abteilungen für Dermatologie und Venerologie, sowohl im universitären wie auch extra-universitären Bereich einen wesentlichen Teil der stationären PatientInnen dar.
Die stationäre Betreuung dieser PatientInnen ist für verschiedene „invasive“ Therapien (chirurgisch, radiologisch/ablativ, Bestrahlung etc.) vor allem aber für die Verabreichung moderner pharmakologischer Behandlungen nötig. Insbesondere neue Therapien mit Antikörpern, die gegen bestimmte Proteine an der Oberfläche von Immunzellen gerichtet sind, sind hier von Bedeutung.
Neue Therapien: körpereigene Tumorabwehr durch Immuntherapie und zielgerichtete Tumortherapien
Therapeutisch genutzt wird die gezielte Blockade bestimmter Moleküle (CTLA-4 und PD-1), die bei gesunden Menschen eine organisierte „Hemmung“ ihres Immunsystems bewirken. „Diese normale Reaktion ist wichtig für unsere Gesundheit. Wir verhindern damit überschießende Immunreaktionen unseres Körpers“, erklärt Priv. Doz. Dr. Christian Posch, Generalsekretär der ÖGDV und leitender Oberarzt für Dermato-Onkologie an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, TU München. Bösartige Tumorzellen nutzen diese physiologischen „Bremsen“ leider selbst, um sich vor Angriffen des Immunsystems zu schützen. Ein neu entwickelter Einsatz von Antikörpern gegen diese „Bremsen“ hilft jedoch den Abwehrzellen, den Lymphozyten, die Tumorabwehr wieder aufzunehmen. „Wir stimulieren also die körpereigene Tumorabwehr, indem wir gezielt den „Fuß von der Bremse“ des Immunsystems nehmen“, erörtert Posch, „und wir erzielen damit beeindruckende Erfolge: innerhalb kurzer Zeit können so riesige Tumorformationen, und sogar eine generalisierte Metastasierung, völlig aufgelöst werden“, so Posch. Krebs-PatientInnen können mit dieser Behandlungsmethode völlig tumorfrei werden, das heißt, es kann auch mit den feinsten Methoden (PET-Scan, MRT, CT) kein Tumor mehr nachgewiesen werden.
Anders wirkt die zielgerichtete Therapie (targeted therapy). Hier ist die Tumorzelle selbst das Ziel, indem überlebenswichtige Moleküle der Tumorzellen gezielt blockiert werden. Die erfolgreichsten Vertreter dieser Gruppe an Medikamenten sind die BRAF und/oder MEK Inhibitoren, die im wahrsten Sinne des Wortes „der Tumorzelle den Hahn abdrehen“. Ein rasches Ansprechen auf die Therapie ist die Regel, wenn Tumorzellen bestimmte genetische Veränderungen (Mutationen) tragen. Daher kommt jedoch diese Behandlungsmethode nicht für jeden Melanompatienten in Frage und es bedarf einer genauen genetischen Analyse des Tumors vor Start der Therapie.
Bis zur Einführung dieser modernen Therapien vor nunmehr knapp 10 Jahren sind Melanom-PatientInnen im fortgeschrittenen Stadium IV (Metastasen in verschiedenen Organen), innerhalb weniger Wochen bis Monate verstorben. Mit diesen neuen Behandlungsmethoden kann heute bei mehr als der Hälfte der PatientInnen ein 5-Jahres- und längeres Überleben erreicht werden.
Wie jede erfolgreiche Therapie kann auch jene mit Checkpoint-Inhibitoren und der Hemmung von BRAF/MEK mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein. Besonders problematisch sind dabei autoimmunologische Entzündungen, die sich an sämtlichen Organen entwickeln können. Sie müssen rasch diagnostiziert und gegebenenfalls entsprechend behandelt werden.
Österreichische Dermatologie als Vorreiter
Die österreichische Dermatologie ist aufgrund ihres internationalen Ansehens, sehr frühzeitig, teilweise noch vor Zulassung dieser Medikamente durch die FDA oder EMA, in internationale-klinischen Studien eingebunden worden. Seit der Zulassung wurden mehr als 3.000 PatientInnen mit metastasierendem Melanom in Österreich behandelt. Die österreichischen DermatologInnen sind damit Vorreiter dieser neuen Therapien, die nun auch bei anderen Tumor-Entitäten (Blasenkrebs, Lungenkrebs, etc.) eingesetzt werden. Die besondere Expertise im Umgang mit diesen neuen Medikamenten und dem Management der verschiedenen Nebenwirkungen hat die Dermatologie ins Rampenlicht der gesamten Onkologie gerückt. Das Melanom hat dabei als „Prototyp“ eines immun-sensitiven Tumors eine besondere Rolle gespielt, bei der die österreichische Dermatologie diese neue „Therapie-Epoche“ aktiv mitgestaltet hat.
Wichtig: regelmäßige, fachgerechte Kontrollen
Zusammenfassend betont die ÖGDV die Wichtigkeit regelmäßiger fachärztlicher Kontrollen und die PatientInnen-Information. „Erst durch eine rechtzeitige Früherkennung können PatientInnen das ganze Potential dieser neuentwickelten Therapien nutzen“, appelliert ÖGDV-Präsident Rappersberger.